Linsert, Ludwig
Mitglied des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) in München. Verhaftung, Untersuchungshaft und Prozess 1938/1939. Strafbataillon 999 1943-1944. Nach 1945 Landesvorsitzender des DGB in Bayern von 1958 bis 1969.
Ludwig Linsert war 1931 von der SPD in den ISK übergetreten und bildete nach der NS-Machtübernahme zusammen mit seiner Frau, Ludwig Koch und Hans Lehnert den Kern der illegalen Münchner ISK-Widerstandsgruppe. Fünf Jahre lang, bis zur Verhaftung von Koch und Linsert im Sommer 1938, erstellte und verteilte die Gruppe Flugblätter, z. B. vor der Reichstagswahl am 29.3.1936 mit Parolen wie "Wählt nicht Hitler" oder „Zerreißt die Stimmzettel!“. Andere Handzettel befassten sich u.a. mit der Kriegshetze, dem NS-Unrechtssystem, der Bevölkerungspolitik der Nationalsozialisten. Mit Silbernitratlösung brachten sie antinazistische Parolen und das Hakenkreuz am Galgen auf Gehwegen und an Hauswänden an, die nur schwer wieder zu entfernen waren. Im Lebensmittelgeschäft des Ehepaares Linsert in München-Laim war er für den Einkauf zuständig. Das Geschäft war die Anlaufstelle für konspirative Treffen und Nachrichten. Er wurde vom Volksgerichtshof am Sitzungsort München am 17.4.1939 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Gefängnis abzüglich acht Monaten Untersuchungshaft verurteilt. 1943 wurde er wegen „Wehrunwürdigkeit“ zur Bewährungseinheit 999 eingezogen, einem Strafbataillon für Soldaten, denen die „Wehrwürdigkeit“ aberkannt worden war, u.a. wegen politischer Straftaten. Von Juli 1944 bis Oktober 1947 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.
Nach dem Krieg war er von 1958 bis1969 DGB-Landesvorsitzender, Mitglied des Bayerischen Senats von 1956 bis1969 und Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten (AvS) von 1969 bis 1971.
Verfolgung
Verhaftung am 20.07.1938 3, 4, 5, 7
Schutzhaft 3, 4, 5, 7
Gefängnis der Gestapo im Wittelsbacher Palais, München vom 20.07.1938 bis 04.08.1938
Untersuchungshaft 4, 5, 7
Gefängnis München-Am Neudeck vom 04.08.1938 bis 16.08.1938
Gefängnis München-Stadelheim vom 16.08.1938 bis 15.09.1938
Gefängnis München-Am Neudeck vom 15.09.1938 bis 17.04.1939
Prozess
Volksgerichtshof Berlin, Tagungsort München
Anklage: Verdacht der Vorbereitung zum Hochverrat
Urteil vom 17.04.1939: Vorbereitung zum Hochverrat
Strafmaß: Gefängnis 2 Jahre
unter Anrechnung von 8 Monaten Untersuchungshaft
Strafhaft 3, 4, 5, 7
Gefängnis München-Am Neudeck vom 17.04.1939 bis 27.05.1939
Gefängnis Landsberg a. Lech vom 27.05.1939 bis 17.08.1940
Schutzhaft 7
Nach Beendigung der Strafhaft wurde Linsert zur Prüfung der Schutzhaftfrage an die Gestapozentrale überstellt.
Gefängnis der Gestapo im Wittelsbacher Palais, München vom 17.08.1940 bis 21.08.1940
Bewährungseinheit 999 vom 06.06.1943 bis 01.07.1944 10, 11
Linsert wurde als wehrunwürdig zur Bewährungseinheit eingezogen. Vom 01.07.1944 bis 09.10.1947 war er in russischer Kriegsgefangenschaft.
Weitere Daten
Schadenskategorie
- Schaden an Freiheit
Ehrung
Straßenname in München (Stadtbezirk: Ramersdorf - Perlach) (Neuperlach-Süd) 1986 2
Ludwig-Linsert-Straße
Quellenverweis
Graf, Leben
Graf, Otto/Graf, Wolfgang: Leben in bewegter Zeit 1900 - 2000. Schriftenreihe des Archivs der Münchner Arbeiterbewegung Bd. 5. München 2003
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Dollinger, Straßennamen
Dollinger, Hans: Die Münchner Straßennamen. 6. Aufl. München 2007
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
StAM, JVA Landsberg
Staatsarchiv München, Justizvollzugsanstalt Landsberg
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
StAM, JVA München
Staatsarchiv München, Justizvollzugsanstalt München
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
Mehringer, Widerstand
Mehringer, Hartmut: Widerstand und Emigration. Das NS-Regime und seine Gegner. München 1997
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Zarusky/Mehringer, Widerstand
Zarusky, Jürgen/Mehringer, Hartmut: Widerstand als "Hochverrat" 1933 - 1945. Die Verfahren gegen deutsche Reichsangehörige vor dem Reichsgericht, dem Volksgerichtshof und dem Reichskriegsgericht. Mikrofiche-Edition und Erschließungsband. München 1994, 1998
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Nerdinger, Ort
Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München. Salzburg/München 2006
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
BLFA LEA
Landesamt für Finanzen Bayern, Landesentschädigungsamt
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
BLFA LEA, EG
Landesamt für Finanzen Bayern, Landesentschädigungsamt, Entschädigungsgesetz
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
Bretschneider, Widerstand
Bretschneider, Heike: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in München 1933-1945. Miscellanea Bavarica Monacensia Bd. 4. München 1968
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Detjen, Staatsfeind
Detjen, Marion: Zum Staatsfeind ernannt. Widerstand, Resistenz und Verweigerung gegen das NS-Regime in München. München 1998
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Hertkorn, ISK
Hertkorn, Anne-Barb: Die Münchner ISK-Gruppe
- Quellenart: Internet-Veröffentlichungen
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Bayerischer Landtag, Opfer
Bayerischer Landtag/Haus der Bayerischen Geschichte/Institut für Zeitgeschichte: Opfer und Verfolgte des NS-Regimes aus Bayerischen Parlamenten
- Quellenart: Internet-Veröffentlichungen
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
HdBG, Geschichte
Haus der Bayerischen Geschichte: Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819
#http://www.hdbg.de/parlament/content/index.html#
- Quellenart: Internet-Veröffentlichungen
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur