Fried, Margot, geb. Zelger
Mitglied der SAJ und der SPD. Ehefrau und Unterstützerin des Widerstandskämpfers Johann Fried.
"Ich bin 1906 in München geboren, ging mit 15 Jahren in den Zentralverband der Angestellten (Gewerkschaftsjugend). Ich war Mitglied der Kinderfreunde und der Arbeiterjugend und trat 1928 in die SPD ein. Wir hatten viele Lehrer bei den Kinderfreunden. Die Eltern waren dort organisiert, nicht die Kinder. Die Kinderfreunde wurden 1930 vom Bayerischen Kultusminister verboten. Wir haben dies zur Kenntnis genommen, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Auch die SPD-Abgeordneten im Parlament haben dagegen nicht protestiert. Vielleicht haben wir die Kinderfreunde auch zu sehr als Kinderaufbewahrung angesehen und zu wenig politisch (anders Hitler: "Gebt mir die Kinder bis zum 6. Lebensjahr."). Wir haben die Erziehungsfrage zu spät erkannt, obwohl auch viele Kinderlose bei den Kinderfreunden organisiert waren wie Löwenstein und Weinberger und andere. Innerhalb der SAJ haben wir uns von anderen politischen Gruppierungen nicht abgegrenzt, allerdings darauf geachtet, dass zum Beispiel KPD oder Anarchisten zahlenmäßig nicht die Überhand gewannen. Wir haben gesungen und Fahrten gemacht. Fragen wie Gemeinschaftserziehung, neue Lebensformen (Vegetarier, FKK) diskutiert und auch in Gruppen politische Schriften gelesen. Mädchen waren in der Minderheit, da die Eltern Angst hatten, wenn ihre Mädchen mit Jungen zusammen Aktionen machten.
Wir waren auf die Illegalität nicht vorbereitet. Lediglich bei der Besetzung der Gewerkschaftshäuser haben wir Jungen die Karteien vernichtet. Es gab deshalb eine Auseinandersetzung mit den Älteren, die die Karteien erhalten haben. Mein Mann wurde 1934 erstmals verhaftet und im ersten politischen Prozess wegen Hochverrats verurteilt und [nach der Strafverbüßung]nach Dachau gebracht. Er hatte den Vorwärts verteilt. Das KZ Dachau wurde von Gefangenen aufgebaut. Dort entstand eine Selbstorganisation, die Hilfe für politische Gefangene organisierte. Man kann sich heute gar nicht vorstellen, welche seelischen Leiden damit verbunden waren, dass der Mann ein 'Zuchthäusler' war. Er war damit ein Krimineller, und ich verlor die Achtung aller Nachbarn. Ich habe sehr darunter gelitten, dass sie sich alle von mir zurückzogen. Mein Mann wurde 1936 entlassen. Er hatte ein gutes Zeugnis, war im Zuchthaus sehr beliebt und wurde nach Dachau überstellt, wo er bis 1938 blieb. […]
Nach der Entlassung musste mein Mann unterschreiben, dass er sich nicht mehr politisch betätigt. Die Situation des ständigen Kontrolliertseins bedeutete eine schreckliche seelische Zermürbung. Deshalb kann man verstehen, dass einzelne den Nazis etwas verrieten. Auch von Knoeringen sagte, er wüsste nicht, wie er in solcher körperlicher Gefahr reagieren würde.
Mein Bruder war 7 Jahre als Seefahrer unterwegs und kam zufällig nach Hause, als mein Mann verhaftet wurde. Er wurde sofort als ausländischer Überträger von Nachrichten verdächtigt und deshalb die ganze Familie auf einmal verhaftet (einschließlich mein 14 jähriger Bruder).
Wir haben wegen der politischen Situation auf Kinder verzichtet.
Ich halte es für wichtig, dass die Jugend heute mehr aufgeklärt wird. Wir haben vor 33 die Situation völlig falsch eingeschätzt, vor allem haben wir geglaubt, dass der Nationalsozialismus schnell vorüber sein würde. Deshalb waren wir auf ihn nicht vorbereitet."
Politischer Werdegang und Funktion in der SPD
SPD ab 1928 1
Weitere Daten
Quellenverweis
Akademie Frankenwarte Würzburg, Zeitzeugenberichte
Akademie Frankenwarte Würzburg, Zeitzeugenberichte von Margot (Mary) Fried und Charlotte Branz. Unveröffentlichtes Manuskript vom 12.11.1980
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
SZ
Süddeutsche Zeitung
- Quellenart: Presse
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
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