Biografie
Friedrich Ebert - Vom Sattler zum Reichspräsidenten: Friedrich Ebert (1871-1925)
Friedrich Ebert wurde am 4. Februar 1871 als Sohn eines Schneiders in eine kinderreiche Familie in Heidelberg geboren. Nach Abschluss der Volksschule 1885 machte er eine Lehre als Sattler. Auf der Walz, der im Handwerk üblichen Wanderjahre nach der Lehrzeit, engagierte er sich für den Zusammenschluss von Handwerkern und schloss sich 1889 der SPD und dem Sattlerverband an. Seine Wanderschaft führte ihn 1891 schließlich nach Bremen, wo er sein Auskommen zunächst als Sattler und Gastwirt bestritt und die Arbeiterin Louise Rump heiratete. 1893 erhielt er eine Festanstellung als Redakteur bei der „Bremer Bürger-Zeitung“, dem örtlichen Blatt der SPD. Schon ein Jahr später wurde er zum Parteivorsitzenden gewählt. Außerdem fungierte er in Bremen als Vorsitzender des Sattlerverbandes und war Mitglied der Bürgerschaft. In dieser Funktion stellte er 1903 einen Antrag auf Festsetzung von Mindestlöhnen und Begrenzung der Arbeitszeit.
SPD-Parteivorstand, Reichstagsarbeit und Erster Weltkrieg
1905 zog Friedrich Ebert nach Berlin und wurde in den SPD-Parteivorstand gewählt; mit 34 Jahren war er dessen jüngstes Mitglied. In dem Gremium zeichnete er für organisatorische Fragen verantwortlich. Die Beziehung zu den Untergliederungen wurde seine Hauptaufgabe, bei der er als reformorientierter Politiker die innerparteiliche Kommunikation sowie den Austausch mit den Gewerkschaften förderte. Daneben übernahm er die Aufgabe des Schlichters bei Parteistreitigkeiten und leitete seit 1908 die „Zentralstelle für die arbeitende Jugend Deutschlands“, die von der SPD begründet wurde. 1912 zog Ebert über den Kreis Eberfeld-Barmen (Wuppertal) in den Reichstag ein. Die SPD war zu diesem Zeitpunkt die stärkste Fraktion und feierte ihren bis dahin größten Triumph (110 von 397 Reichstagsmandaten). Nach August Bebels Tod im Jahr 1913 wurde Ebert neben Hugo Haase zum Vorsitzenden der SPD gewählt.
Der 1914 beginnende Erste Weltkrieg spaltete die Partei zunehmend, und obwohl Friedrich Ebert bis 1916 beharrlich versuchte, die Parteiflügel zusammenzuhalten und für einen Ausgleich zu sorgen, führten die Konflikte um die Bewilligung der Kriegkredite schließlich dazu, dass die Kritiker des Kriegskurses aus der Fraktion (1916) und im folgenden Jahr aus der Partei ausgeschlossen wurden. Bald darauf gründete sich im April 1917 aus dieser Gruppe die USPD. Die Mehrheitssozialdemokratie (MSPD) arbeitete unterdessen an der Friedensresolution vom Juli 1917 mit. Unter Eberts Führung reiste eine SPD-Delegation zur Vorbereitung eines Friedensvertrages nach Stockholm. Eine Verständigung scheiterte jedoch insbesondere an der Kriegsschuldfrage. Wie emotional aufgeladen diese Frage diskutiert wurde, kann nicht überschätzt werden; Ebert verlor zwei Söhne im Ersten Weltkrieg.
Novemberrevolution
Am 9. November 1918 traten in Berlin zahlreiche Arbeiter in den Streik und demonstrierten für eine grundlegende Neugestaltung der politischen Verhältnisse. Der erst kurz zuvor ernannte Reichskanzler Max von Baden erklärte eigenmächtig den Rücktritt von Kaiser Wilhelm II. und übergab sein eigenes Amt dem Vorsitzenden der SPD-Reichstagsfraktion, Friedrich Ebert, um die Bevölkerung zu beruhigen. Auf diese Weise sollte ein Bürgerkrieg nach dem abschreckenden Vorbild der russischen Oktoberrevolution vermieden werden. Ebert, immer noch Vorsitzender der SPD, machte sich für eine demokratisch zu wählende Nationalversammlung stark, ihr sollte die Entscheidung über die künftige Staatsform des Deutschen Reiches vorbehalten bleiben. Doch noch am 9. November verkündete der Vorsitzende der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, Philipp Scheidemann, in Berlin die Republik. Wenig später rief der Mitgründer des Spartakusbundes, Karl Liebknecht, die „Freie Sozialistische Republik Deutschland“ aus. Er war ein Verfechter des Rätesystems und forderte eine internationale Revolution. Unterdessen hielt Friedrich Ebert weiterhin am Parlamentarismus fest. Am 10. November 1918 konnte der Reichskanzler den sechsköpfigen Rat der Volksbeauftragten als provisorische Staatsspitze durchsetzen. Den Vorsitz dieses Gremiums teilte sich Ebert mit Hugo Haase, mittlerweile USPD-Vorsitzender. Gleichzeitig war er in dieser Umbruchssituation bereit, mit den größtenteils antidemokratischen Machteliten des Kaiserreichs in Militär, Polizei, Justiz und Beamtenschaft zusammenzuarbeiten. Wilhelm Groener, General der Obersten Heeresleitung, versprach Unterstützung im Fall linksradikaler Angriffe. Im Gegenzug sicherte ihm Ebert die Autonomie der militärischen Führung zu. Vom 16. bis zum 19. Dezember 1918 tagte in Berlin der Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte. Die überwiegend der SPD nahe stehenden Delegierten votierten mit deutlicher Mehrheit für die Wahl einer Verfassunggebenden Nationalversammlung. Als Reaktion auf den Ebert-Groener-Pakt, der an die Öffentlichkeit gedrungen war, verließen die USPD-Vertreter am 28. Dezember empört den Rat der Volksbeauftragten. Eine zweite Revolutionswelle mit reichsweiter Ausstrahlung setzte ein. Am 5. Januar 1919 besetzten revolutionäre Arbeiter, die einem Aufruf der kurz zuvor gegründeten KPD sowie der USPD folgten, die Innenstadt und das Zeitungsviertel von Berlin. Die Regierung wurde von der bewaffnet für das Rätesystem kämpfenden Protestbewegung für abgesetzt erklärt. Um die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung und des sozialen Friedens besorgt, entschied Friedrich Ebert nach gescheiterten Verhandlungen mit den Aufständischen, den „Spartakusaufstand“ niederzuschlagen. Der Sozialdemokrat Gustav Noske, wenige Tage erst Volksbeauftragter für Heer und Marine, übernahm den Oberbefehl über die Regierungstruppen. Am 15./16. Januar 1919 ermordeten Freikorps-Soldaten die führenden KPD-Politiker, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, was die Spaltung zwischen den Arbeiterparteien vertiefte. Aus der Nationalversammlungswahl am 19. Januar ging die SPD als stärkste Fraktion hervor. Erstmals hatten auch Frauen wählen dürfen. Die Arbeiter- und Soldatenräte lösten sich in den nächsten Monaten auf.
Reichspräsident aller Deutschen
Am 6. Februar eröffnete Friedrich Ebert als Vorsitzender des Rates der Volksbeauftragten die Nationalversammlung in Weimar. Fünf Tage später, am 11. Februar 1919, wurde er zum Reichspräsidenten gewählt. Philipp Scheidemann übernahm das Amt des Reichskanzlers und bildete eine Koalition aus SPD, DDP und Zentrum. In den folgenden Monaten wurde über den Versailler Vertrag entschieden und eine Verfassung ausgearbeitet.
Ebert sah sich als Reichspräsident aller Deutschen, er verstand Demokratie als Angebot an alle zur Mitarbeit in der neuen Republik, denn für ihn war klar: „Demokratie braucht Demokraten“. Er sah sich als überparteilichen Vertreter der Demokratie, der aber zugleich überzeugter Sozialdemokrat blieb. In seiner Rede nach der Wahl zum Reichspräsidenten bekannte er:
„Ich will und werde als der Beauftragte des ganzen deutschen Volkes handeln, nicht als Vormann einer einzigen Partei. Ich bekenne aber auch, dass ich ein Sohn des Arbeiterstandes bin, aufgewachsen in der Gedankenwelt des Sozialismus, und dass ich weder meinen Ursprung noch meine Überzeugung jemals zu verleugnen gesonnen bin.“
In den Jahren seiner Amtsausübung schlitterte der Staat jedoch von einer in die nächste Krise und die Regierungskoalitionen zerbrachen bis 1925 mehrfach. Friedrich Ebert versuchte als Reichspräsident stets zu vermitteln, indem er für einen Ausgleich zwischen den politischen Lagern eintrat. So konnte er wiederholt verhindern, dass die SPD aus der Regierung austrat. Im Jahr 1920 brachte der Kapp-Lüttwitz-Putsch die Weimarer Republik in ernste Gefahr. Zudem vergifteten politische Morde die Atmosphäre, unter den Opfern befanden sich die Reichsminister Matthias Erzberger und Walther Rathenau.
Die in der Bevölkerung als äußerst ungerecht empfundenen Reparationszahlungen des Versailler Vertrags belasteten die Regierungen schwer, und ein Rückstand der Zahlungen wurde 1923 von Frankreich zum Anlass genommen, das Ruhrgebiet zu besetzten. Weitere Krisen folgten, etwa in Sachsen, Thüringen und Bayern. Zudem heizte die Hyperinflation die politische Stimmung auf.
Ebert traf in dieser massiven Krisensituation manch unpopuläre Entscheidung, immer bestrebt, die parlamentarische Demokratie zu beschützen. Dennoch litt sein Ansehen in der SPD und in der Arbeiterschaft; einzelne Parteigliederungen forderten sogar seinen Ausschluss aus der Partei. Schließlich gelang es Ebert jedoch, die Währung zu stabilisieren, die Erleichterung der Reparationen zu befördern und die Staatsausgaben in den Griff zu kriegen.
Verleumdungsprozess
Nach den überstandenen politischen Krisen wurde Friedrich Ebert allerdings zunehmend persönlich angegriffen. Die Mitteldeutsche Presse warf ihm vor, die Kriegsniederlage durch sein Verhalten vor und nach Kriegsende mitverschuldet zu haben, das war der Beginn eines Verleumdungsprozesses. Vor Gericht wurde Ebert unter anderem der Vorwurf gemacht, sich im Munitionsarbeiterstreik im Januar 1918 in die Streikleitung wählen lassen zu haben. Letztlich verurteilten die zuständigen Richter die Journalisten, die das Gerichtsverfahren provoziert hatten, im Dezember 1924 lediglich wegen Beleidigung, dem Reichspräsidenten wurde dagegen vorgehalten, er habe faktisch Landesverrat begangen. Während des laufenden Prozesses hatte Ebert die medizinische Behandlung einer Blinddarmentzündung hintangestellt. Daran starb er am 28. Februar 1925 im Alter von 54 Jahren. Er wurde in seiner Geburtsstadt Heidelberg beerdigt.
Gründung der Friedrich-Ebert-Stiftung
Nach dem Tod Eberts trug der SPD-Vorstand am 2. März 1925 dem politischen Vermächtnis des ersten Reichspräsidenten durch Errichtung einer Friedrich-Ebert-Stiftung Rechnung. Aus der bitteren Erkenntnis heraus, dass es in der Weimarer Republik bisher nicht gelungen war, die Mehrheit der Bürger von den Werten der Demokratie zu überzeugen, sollte eine Stiftung ins Leben gerufen werden, die der politischen und gesellschaftlichen Erziehung von Menschen aller Schichten im demokratischen Geist und der internationalen Verständigung dienen sollte. Insbesondere sollte es Aufgabe der Stiftung sein, jungen Menschen aus der Arbeiterschaft zu helfen, sich an Hochschulen und Universitäten zu qualifizieren, um in der jungen Demokratie Verantwortung übernehmen zu können. Es war der Parteikassierer Konrad Ludwig, der diesen Beschluss umsichtig und zielstrebig in die Tat umsetzte, und damit letztlich als Gründer der Friedrich-Ebert-Stiftung gelten darf. Den Kapitalstock bildeten die Spenden, die anstelle von Kranzspenden anlässlich des Todes von Ebert gesammelt worden waren. Die Stiftung wurde damit Teil der sozialdemokratischen Kultur- und Bildungseinrichtungen.