Roßhaupter, Albert
Abgeordneter im Bayerischen Landtag, lehnte als Vorsitzender für die SPD-Fraktion am 29. April 1933 das Ermächtigungsgesetz ab. KZ Dachau 1933-1934. Nach 1945 Stellvertretender Ministerpräsident unter Ministerpräsident Wilhelm Hoegner.
Der gelernte Lackierer Albert Roßhaupter war zunächst in den Eisenbahnhauptwerkstätten München tätig, bis er von 1909 an bei verschiedenen Zeitungen als Redakteur arbeitete. Er trat 1897 in die SPD ein und war Gemeindebevollmächtigter in Augsburg (1913-1919), Mitglied der Abgeordnetenkammer von 1907 bis 1918 mit Unterbrechung wegen seines Kriegsdienstes 1915 bis 1918, des Provisorischen Nationalrats Bayern 1918/19 sowie des Bayerischen Landtags von 1919 bis 1933. Im Kabinett Kurt Eisner war er Minister für militärische Angelegenheiten 1918/19.
Als Vorsitzender lehnte er für die gleichgeschaltete SPD-Fraktion am 29.4.1933 im Bayerischen Landtag das Ermächtigungsgesetz ab. Er sagte u.a.: „Wir […] können ihm auch aus unserer grundsätzlichen Einstellung heraus nicht zustimmen. […] Insbesondere befinden sich Hunderte unserer Anhänger immer noch in Schutzhaft. […] Wir halten die Wiederherstellung der staatsbürgerlichen Freiheiten für eine absolute Notwendigkeit“ (Bayerischer Landtag, 1933, S. 19). Als Journalist konnte Roßhaupter nicht mehr arbeiten, da er die nach dem Schriftleitergesetz erforderliche Selbstverpflichtung nicht unterschrieb, in der er sich zur Loyalität gegenüber dem NS-Regime hätte verpflichten müssen. Bei einer Hausdurchsuchung im Juni 1933 wurden drei Artikel gefunden, die für ausländische Zeitungen vorgesehen waren. Daraufhin wurde er verhaftet und war in Fürstenfeldbruck bis September im Gefängnis, danach bis März 1934 in „Schutzhaft“ im KZ Dachau. Erneut wurde er im Rahmen der „Aktion Gewitter“, als nach dem Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli 1944 Tausende von politischen Gegnern und deren Angehörige inhaftiert wurden, vom 22.8.1944 bis 22.12.1944 im KZ Dachau in „Schutzhaft“ genommen.
Nach 1945 war er Minister für Arbeit und Soziale Fürsorge von Mai 1945 bis September 1947, stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett Hoegner 1945/46, Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung 1946 und des Parlamentarischen Rates 1948/49.
Politischer Werdegang und Funktion in der SPD
SPD ab 1897 4, 6, 7, 14, 15
Vorstandsmitglied in Augsburg von 1913 bis 1914 14, 16
Mitglied der Kammer der Abgeordneten von 1907 bis 1918 14, 16
Gemeindebevollmächtigter in Augsburg von 1913 bis 1919 14, 16
Mitglied im Provisorischen Nationalrat Bayern für die Sozialdemokratische Fraktion von 1918 bis 1919 14, 15, 16
Staatsminister für militärische Angelegenheiten vom 08.11.1918 bis 21.02.1919
unter Ministerpräsident Kurt Eisner
Mitglied des Landtags (MdL) von 1919 bis 1933 4, 7, 14, 15, 16
Werdegang in der SPD nach 1945
SPD 1945
An der Wiedergründung der SPD in München beteiligt 16, 17
Staatsminister für Arbeit und Soziale Fürsorge vom 28.05.1945 bis 20.09.1947 4, 14, 16
Stellvertretender Ministerpräsident unter Ministerpräsident Wilhelm Hoegner vom 28.09.1945 bis 21.12.1946 14, 16
Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung vom 30.06.1946 bis 26.10.1946 Vorsitzender der SPD-Fraktion 7, 14, 16
Mitglied des Parlamentarischen Rates von Oktober 1948 bis Mai 1949 7
Er wurde im Oktober 1948 Nachrücker für Josef Seifried (SPD).
Verfolgung
Arbeitslosigkeit aus politischen Gründen 1933 3, 15, 16, 18
Er verlor seinen Arbeitsplatz beim "Bayerischen Wochenblatt" und war bis 1945 ohne dauerhaftes Einkommen. Als Journalist konnte er nicht mehr arbeiten, da er die Selbstverpflichtung im Rahmen des Schriftleitergesetzes nicht unterschrieben hatte. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich bereits in Schutzhaft.
Hausdurchsuchung und Verhaftung am 23.06.1933 9
Bei einer Hausdurchsuchung wurden drei Schriftstücke gefunden, die zur Veröffentlichung in ausländischen Zeitungen bestimmt waren
Schutzhaft 9
Gerichtsgefängnis Fürstenfeldbruck vom 23.06.1933 bis 11.09.1933
KZ Dachau vom 12.09.1933 bis 19.03.1934
Häftlingsnummer 3720
Meldepflicht ab März 1934 9
Nach seiner Entlassung aus der Schutzhaft musste er sich wöchentlich einmal bei der Gendarmerie Olching melden, wo er als Unterstützungsempfänger lebte. Er hatte dort einen kleinen Grundbesitz, von wo er selbstgezogenes Gemüse zu Fuß nach München brachte und verkaufte.
Erneute Schutzhaft 3, 12, 13, 14, 16
im Rahmen der Aktion Gewitter
KZ Dachau vom 22.08.1944 bis 22.12.1944
Häftlingsnummer 92959
Weitere Daten
Religion/Konfession
röm.-katholisch
Schadenskategorie
- Schaden an Freiheit
- Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen
Ehrung
Straßenname in München (Stadtbezirk: Sendling - Westpark) 1962 4
Albert-Roßhaupter-Str.
Quellenverweis
Gerstenberg, Freiheit
Gerstenberg, Günther: Freiheit! Sozialdemokratischer Selbstschutz im München der zwanziger und frühen dreißiger Jahre Bd. 1-2. Andechs 1997
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Schumacher, M. d. B.
Schumacher, Martin (Hrsg.): M. d. B. Volksvertretung im Wiederaufbau 1946-1961. Bundestagskandidaten und Mitglieder der westzonalen Vorparlamente. Eine biografische Dokumentation. Düsseldorf 2000
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Dollinger, Straßennamen
Dollinger, Hans: Die Münchner Straßennamen. 6. Aufl. München 2007
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
StAM, LRA
Staatsarchiv München, Landratsämter
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
Kral, Landespolitik
Kral, Herbert: Die Landespolitik der SPD in Bayern von 1924 - 1933. Miscellanea Bavarica Monacensia Bd. 134. München 1985
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
SPD-Vorstand, Freiheit
Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Hrsg.): Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert. Marburg 2000
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Bayerischer Landtag, Verhandlungen
Bayerischer Landtag (Hrsg.): Verhandlungen des Bayerischen Landtags, VI. Wahlperiode, Stenographische Berichte Bd. 2. München 1933
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
StAM, LRA
Staatsarchiv München, Landratsämter
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
StAM, LRA
Staatsarchiv München, Landratsämter
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
KZ-Gedenkstätte Dachau, Häftlingsdatenbank
KZ-Gedenkstätte Dachau, Häftlingsdatenbank
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
HdBG, Geschichte
Haus der Bayerischen Geschichte: Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819
#http://www.hdbg.de/parlament/content/index.html#
- Quellenart: Internet-Veröffentlichungen
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
BayHStA, LEA
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Landesentschädigungsamt
- Quellenart: Archivalien
- Status: Unveröffentlichte Quellen
Bayerischer Landtag, Opfer
Bayerischer Landtag/Haus der Bayerischen Geschichte/Institut für Zeitgeschichte: Opfer und Verfolgte des NS-Regimes aus Bayerischen Parlamenten
- Quellenart: Internet-Veröffentlichungen
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Hanko, München
Hanko, Helmut: "München braucht Sozialdemokraten". Die Geschichte der Münchner SPD seit 1945. München 2009
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Hoegner, Außenseiter
Hoegner, Wilhelm: Der schwierige Außenseiter. Erinnerungen eines Abgeordneten, Emigranten und Ministerpräsidenten. München 1959
- Quellenart: Bücher und Broschüren
- Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur