Portal zur Geschichte der Sozialdemokratie

Rechte: Rechteinhaber_in nicht ermittelbar

Quelle: BayHStA, LEA 2954

Riedmeier, Georg

Geboren:

* 03.02.1917 in München 1, 6

Gestorben:

+ 07.03.1974 in Haar, im Bezirkskrankenhaus

Anschrift:

München, Am Feuerbächl 13 (1932) 2

Beruf:

Friseur 1

Riedmeier, Georg

Mitglied der SAJ. Beteiligt an Widerstandsaktionen. Untersuchungshaft und Prozess 1935/36. Gefängnis, KZ Dachau bis 1939. Strafbataillon 999 1942-1943.

Er war mit 14 Jahren in die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) eingetreten. Über Oskar Zelger hatte er eine Verbindung mit der Widerstandsgruppe um Johann Fried. Er leistete von Juni 1934 an Freiwilligen Arbeitsdienst (FAD) im Emsland. Bei einer Spindkontrolle wurde ein von ihm geschriebener Zettel gefunden:

"Die jüngsten Ereignisse, Ossy [Oskar Zelger] in Urlaub [d.h. im KZ Dachau] lassen mir die Zeit im FAD lang werden. Ich möchte handeln, kämpfen, bin gezwungen, lahm zu ergehen. Noch vier lange Monate, dann will ich auch an Ossys Stelle stehen und sein Werk weiterführen. Wir wollen Kämpfer sein." (Bundesarchiv Berlin, NJ 936)

Er wurde draufhin bei der Staatspolizei Hannover verhört und am 8.6.1935 verhaftet.

In der Anklageschrift wird ihm vorgeworfen, dass er auch während seiner Dienstzeit Kontakt zu ehemaligen SAJ-Mitgliedern hielt. Zelger habe ihm illegales Schrifttum zugesandt, das er an FAD-Kameraden weitergegeben habe.

Das OLG Hamm/Westf. verurteilte ihn im September 1936 wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis abzüglich einem Jahr und dreieinhalb Monaten U-Haft. Wegen der Jugend des Angeklagten sah das Gericht von einer Zuchthausstrafe ab.

Das Gericht und die Strafanstalt Hamm befürworteten 1937 den Erlass der letzten drei Monate Haft, den die Stapoleitstelle München „vom politischen Standpunkt“ her ablehnte:

„Riedmeier entstammt einer marxistisch verseuchten Familie, die ausnahmslos dem jetzigen Staate feindlich gegenübersteht. […] Es ist im Gegenteil bei seiner evt. Entlassung mit der Fortsetzung seiner marxistischen Wühlarbeit zu rechnen. […] Es ist daher auch beabsichtigt, ihn nach der Strafverbüßung zum Zwecke der Erziehung im nationalsozialistischem Sinne in Schutzhaft zu nehmen.“ (Bundesarchiv Berlin, NJ 936)

Er wurde nach verbüßter Strafe vom 29.12.1937 bis 10.3.1939 im KZ Dachau mit zwei kurzzeitigen Unterbrechungen in Schutzhaft gehalten.

Am 10.10.1942 wurde er zur Bewährungseinheit 999 eingezogen und geriet am 12.05.1943 in Nordafrika in Kriegsgefangenschaft. Im August 1945 kehrte er aus der Gefangenschaft in den USA nach München zurück.

Von Mai 1946 bis Oktober 1949 war er bei der Spruchkammer München IV und der Gnadenabteilung der Hauptkammer tätig, anschließend beim Landesentschädigungsamt.

Verfolgung

Verhör am 05.06.1935 bei der Staatspolizei Hannover 1
Verhaftung am 08.06.1935 1
Haft 5
Gefängnis Meppen vom 08.06.1935 bis 08.10.1935
Untersuchungshaft 5
Gefängnis München-Stadelheim vom 08.10.1935 bis April 1936
Gerichtsgefängnis Hamm vom April 1936 bis 21.09.1936
Prozess
Oberlandesgericht Hamm/Westf.
Anklage vom 05.06.1936
Laut Anklageschrift hielt Riedmeier auch während des freiwilligen Arbeitsdienstes den Kontakt zu ehemaligen SAJ-Mitgliedern aufrecht. Von Zelger soll er Druckschriften wie die "Sozialistische Aktion" erhalten, sie Arbeitsdienst-Kameraden gezeigt und an sie weitergegeben haben.
Urteil vom 21.09.1936: Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens
Strafmaß: Gefängnis 2 Jahre, 6 Monate
unter Anrechnung von 1 Jahr, 3 Monaten, 13 Tagen Untersuchungshaft
In der Begründung für die Strafzumessung wurde berücksichtigt, dass Riedmeier noch minderjährig war, daher "glaubte der Senat, von einer Zuchthausstrafe absehen zu können."
Strafhaft 5
Gefängnis Hamm vom 21.09.1936 bis 17.12.1937
Das Gericht und die Strafanstalt Hamm, in der er seine Strafe verbüßte, befürworteten 1937 den Erlass der letzten drei Monate der Strafe, den die Stapoleitstelle München ablehnte: Dieser "kann vom politischen Standpunkt nicht befürwortet werden. Riedmeier entstammt einer marxistisch verseuchten Familie, die ausnahmslos dem jetzigen Staate feindlich gegenübersteht. […] Es ist im Gegenteil bei seiner evtl. Entlassung mit der Fortsetzung seiner marxistischen Wühlarbeit zu rechnen. […] Es ist daher auch beabsichtigt, ihn nach der Strafverbüßung zum Zwecke der Erziehung im nationalsozialistischem Sinne in Schutzhaft zu nehmen.“ [1]Dem schlossen sich die Staatsanwaltschaft Hamm und das Reichsministerium der Justiz an und lehnten den Gnadenerweis ab.
Schutzhaft 4
Unabhängig von der verbüßten Strafe, mit der das Gerichtsverfahren endete, wurde Riedmeier in Schutzhaft genommen.
Gefängnis des Polizeipräsidiums München, Ettstraße vom 17.12.1937 bis 29.12.1937 5
KZ Dachau vom 29.12.1937 bis 03.09.1938
Häftlingsnummer 13246
KZ Dachau vom 07.09.1938 bis 26.10.1938 5
Häftlingsnummer 18586Ende der Haftzeit im KZ Dachau nach den Entschädigungsakten: 20.03.1939
Erneute Schutzhaft 4
KZ Dachau bis 10.03.1939
Haftbeginn unbekannt
Bewährungseinheit 999 vom 10.10.1942 bis 12.05.1943 5

Weitere Daten

Schadenskategorie
  • Schaden an Freiheit
Ehrung

Weg in München nach ihm benannt München (Stadtbezirk: Au) 25.07.2017
Georg-Riedmeier-Weg

Quellenverweis

BArch, NJ

Bundesarchiv Berlin, Nationalsozialistische Justiz

  • Quellenart: Archivalien
  • Status: Unveröffentlichte Quellen

Münchner Stadtadreßbuch

Münchner Stadtadreßbuch. Adreßbuch der Landeshauptstadt München Bd. 83 ff. München 1933 ff.

  • Quellenart: Bücher und Broschüren
  • Status: Veröffentlichte Quellen und Literatur
Anmerkungen: in Monacensia, Theresienstr. 23

BArch, NJ

Bundesarchiv Berlin, Nationalsozialistische Justiz

  • Quellenart: Archivalien
  • Status: Unveröffentlichte Quellen

KZ-Gedenkstätte Dachau, Häftlingsdatenbank

KZ-Gedenkstätte Dachau, Häftlingsdatenbank

  • Quellenart: Archivalien
  • Status: Unveröffentlichte Quellen

BayHStA, LEA

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Landesentschädigungsamt

  • Quellenart: Archivalien
  • Status: Unveröffentlichte Quellen

BA Au-Haidhausen

Bezirksausschuss Au-Haidhausen

  • Quellenart: Auskünfte
  • Status: Auskünfte