Portal zur Geschichte der Sozialdemokratie

Dill, Johann (Hans) 1, 2

Geboren:

* 25.06.1887 in Brand bei Tachau/Tachov (Westböhmen)

Gestorben:

+ 07.07.1973

Anschrift:

Nürnberg, Heimstättenstraße 14
Mies/St?íbro (?SR) Nr. 719

Beruf:

Porzellanmaler 3

Dill, Johann (Hans)

Angesichts der anhaltenden Bindungen nach Franken verwundert es nicht, dass Dill 1927 wieder dorthin zurückkehrte und in Nürnberg Geschäftsführer des SPD-Bezirks Franken wurde. Nachdem Dill bereits 1920 erfolglos für den Reichstag kandidiert hatte, gelang ihm im September 1930 der Einzug in das Parlament.

Als Hans Dill im Spätsommer 1930 in den Reichstag einzog, war die Situation der SPD-Fraktion überaus schwierig. Im Frühjahr 1930 war die Große Koalition des sozialdemokratischen Kanzlers Hermann Müller unter dem massiven Einfluss autoritärer politischer und wirtschaftlicher Interessengruppen zerbrochen. An Stelle Müllers ernannte Reichspräsident Hindenburg den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler. Da das Kabinett Brüning über keine Mehrheit im Parlament verfügte, regierte es mit Notverordnungen des Reichspräsidenten. Als Brüning gegen den Willen des Reichstags unter anderem eine mit erheblichen Leistungskürzungen einhergehende Reform der Arbeitslosenversicherung durchsetzen wollte, setzte die SPD im Reichstag eine Aufhebung der Notverordnung durch. Reichspräsident Hindenburg reagierte mit der Auflösung des Parlaments.

Aus den nun abgehaltenen Reichstagswahlen ging die SPD trotz Stimmenverlusten mit 143 Parlamentarierinnen und Parlamentariern als größte Fraktion hervor. An zweiter Stelle stand jedoch eine erstarkte Nationalsozialistische Partei, die nun statt zwölf 107 Abgeordnete stellte. Aus Furcht vor der Bildung einer Rechtsregierung oder vor Neuwahlen, aus denen die radikalen Parteien möglicherweise nochmals gestärkt hervorgegangen wären, entschloss sich die Sozialdemokratie trotz heftiger innerparteilicher Kontroversen, das Kabinett Brüning und die Notverordnungspolitik zu tolerieren. Brüning war nur zu minimalen Zugeständnissen gegenüber den Sozialdemokraten bereit, die in der Öffentlichkeit zunehmend als mitverantwortlich für die von massiven Sozialkürzungen geprägte Politik galten. Flammende Reden, wie sie Hans Dill etwa am 16. März 1931 gegen die Aussperrungen von Nürnberger Arbeitern hielt, wirkten angesichts des Dilemmas der Sozialdemokratie zunehmend hilflos.

Die letzten Jahre der Weimarer Republik waren von massiv steigender Arbeitslosigkeit geprägt - bis 1933 wurde die Marke von sechs Millionen Arbeitslosen überschritten. Rechtskonservative Kreise konnten - gestützt auf Reichspräsident Hindenburg - mit den Kabinetten Papen und Schleicher zunehmend autoritäre Regierungen durchsetzen. Der in seiner Bedeutung weiter beschnittene Reichstag wurde mehrfach aufgelöst. Sowohl bei den Reichstagswahlen im Juni als auch im November 1932 hatte die SPD in von massiven, teils blutigen Auseinandersetzungen geprägten Wahlkämpfen erneut Verluste hinzunehmen. Sie hatte es nicht vermocht, ein eigenständiges politisches Profil zu entwickeln; nicht zuletzt die Aufforderung der SPD-Parteiführung, bei den Reichspräsidentenwahlen Anfang 1932 aus Angst vor Hitler Hindenburg als »Kleineres Übel« zu empfehlen und auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten zu verzichten, hatte für erhebliche Enttäuschung unter den Wählerinnen und Wählern der SPD gesorgt.
Verbot und Zerschlagung der SPD durch die nationalsozialistischen Machthaber trieben viele Sozialdemokraten in die Emigration. Auch aus dem Ausland versuchten Sozialdemokraten, den Widerstand in ihrer Heimat zu unterstützen. Zu diesen sozialdemokratischen Emigranten zählte der Nürnberger Parteisekretär Hans Dill.

1887 als Sohn eines Landwirts in Brand im Oberpfälzer Wald (heute Milfre in Tschechien) geboren, erlernte Hans Dill nach dem Besuch der Volksschule den Beruf des Porzellanmalers. Bereits in jungen Jahren Mitglied der SPD geworden, entschloss sich Hans Dill mit 25 Jahren, als besoldeter Parteisekretär in den Dienst der SPD zu treten. Zunächst ein Jahr in Würzburg tätig, wechselte Dill 1913 ins sozialdemokratische Bezirkssekretariat nach Nürnberg, wo er sechs Jahre tätig sein sollte. In dieser Zeit wurde Hans Dill auch in der Nürnberger Kommunalpolitik aktiv und gelangte im Zuge des SPD-Erfolgs bei den Kommunalwahlen von 1914 in das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten.

Politischer Werdegang und Funktion in der SPD

SPD bereits in jungen Jahren 3
Besoldeter Parteisekretär in Würzburg ab 1912 3
Besoldeter Parteisekretär in Nürnberg ab 1913 3
vorrübergehend Leiter des Landessekretariats in München ab Mai 1919 bis September 1919 3
an Stelle des schwerverletzten Erhard Auer. Auer traf nach dem Attentat am 21. Februar 1919 auf Kurt Eisner (USPD) durch den rechtsextremen Grafen Anton von Arco-Valley bei den anschließenden Tumulten im Landtag die Kugel des Linksradikalen Alois Lindner, der Auer für den Drahtzieher des Attentats hielt.
Gemeindebevollmächtigter von 1914 bis 1919 in Nürnberg 3
Stellvertretender Parteivorsitzender zwischen 1919 und 1927 3
Geschäftsführer des SPD-Bezirks Franken ab 01.10.1927 3
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender des Bayerischen Landtags Ende der 20er Jahre 3
Mitglied des Landtags (MdL) in Bayern von 1919 bis 1932 3
Mitglied des Reichstags (MdR) von 1930 bis 1933 3

Verfolgung

Flucht
in die ?SR im Juni 1933
Prozess
Oberlandesgericht München (Hochverratsprozess Berthold Georg und Gen. ("Vorwärts"))
Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit am 01.02.1937
Emigration
nach Kanada

Weitere Daten

Religion/Konfession

röm.-katholisch

Schadenskategorie
  • Schaden am beruflichen Fortkommen und Eigentum
  • Schaden an Freiheit
Quellenverweis